Elias David
Moncado

Musiker entfalten ein Kaleidoskop von Gefühlen

Musiker entfalten ein Kaleidoskop von Gefühlen

Es gibt wohl wenige große Werke, um die sich so viele Gerüchte und Geschichten rankten wie um Wolfgang Amadeus Mozarts grandioses Requiem in d-Moll KV 626 aus dem Jahr 1791. In dem Werk, das bereits unter mysteriösen Umständen in Auftrag gegeben, zu großen Teilen auf dem Sterbebett diktiert und letztlich auch nicht vom Meister selbst vollendet wurde, entfaltet sich ein buntes Kaleidoskop aller Gefühle, die den Menschen im Angesicht des Todes überkommen.

Starke und zutiefst berührende Klänge der Angst, Wut, Verzweiflung und Traurigkeit, aber auch der Hoffnung und des Trostes erfüllten am Nachmittag des Volkstrauertages den komplett gefüllten Weinbrennersaal des Kurhauses. Die Philharmonie Baden-Baden und das Collegium Musicum Baden-Baden, die zuletzt 2016 gemeinsam auf der Bühne standen, beeindruckten dort mit einem eineinhalbstündigen Konzert, bei dem sich alles um das mit nur 35 Jahren allzu früh verstorbene Musikgenie aus Salzburg drehte. Der Schlussapplaus wollte gar nicht mehr enden. Das renommierte Orchester und der bekannte Konzertchor präsentierten zusammen mit dem blutjungen, sehr begabten Violinisten Elias Moncado und vier exzellenten Gesangsolisten ein Konzertprogramm, das dem Tag selbst gerecht wurde und keine musikalischen Wünsche offen ließ. Konzentriert und engagiert hielt Dirigent Mateo Peñaloza Cecconi die mehr als 60 Sängerinnen und Sänger, den Orchesterapparat und die Solisten zusammen, verband sie zu einer harmonischen Einheit und bestand seine Feuertaufe als neuer Chorleiter mit Bravour.

Erst im Sommer hatte er die Leitung des Collegium Musicum übernommen. Sein erstes Konzert mit diesem Ensemble und der Philharmonie begann mit Mozarts Violinkonzert G-Dur, KV 216. Der erst 18-jährige Geiger Moncado setzte mit diesem melodienreichen Werk den ersten Glanzpunkt und bewies, dass er zu Recht Preisträger mehrerer nationaler und internationaler Wettbewerbe ist.

Lebhaft, zupackend, aufbrausend, aber auch himmlisch sanftmütig und tänzerisch verspielt, präsentierte der gebürtiger Aachener, der derzeit am Mozarteum Salzburg studiert, auf seiner exakt, rund und fließend gestrichenen „Stradivari“ – im schönen „Zwiegespräch“ mit dem Klangkörper und fernab von oberflächlicher Effekthascherei – das kontrast- und farbenreiche Meisterwerk von 1775, das sich zwischen humorvollem Übermut und getragener Kantilene, göttlicher Harmonie und satanischer Wut bewegt. Höhepunkt des Nachmittags war dann das Mozartrequiem.

In ausgezeichnetem Zusammenklang mit dem Orchester und den Solisten präsentierte der bestens disponierte Konzertchor die in lateinischer Sprache gesungene Totenmesse, die Mozart als Fragment hinterlassen hatte und die erst im Auftrag seiner Gattin Constanze von seinem Schüler Franz Xaver Süßmayr vollendet wurde. Einfühlsam, beherzt und mit raumfüllendem Klang interpretierte der Chor diese ganz vom Wort her bestimmte kraftvolle Musik, die mehr im Diesseits als im Jenseits verankert zu sein scheint. Die Choristen präsentierten sich dynamisch, sicher in der Intonation, klar konturiert. Sie erwiesen sich als technisch und musikalisch brillanter Klangkörper mit hoher Vokalkultur. Diana Fischer (Sopran), Felicitas Brunke (Alt), Daniel Schreiber (Tenor) und Konstantin Ingenpaß (Bass) stellten bei der mehr als gelungenen Aufführung mit großem Einfühlungsvermögen und berührender Strahlkraft ihre stimmlichen Fähigkeiten eindrucksvoll unter Beweis.

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Ralf Joachim Kraft